Natürlicher Erd-Wasserstoff

Im Rahmen der Energiewende wird heute auch Wasserstoff als Energieträger mit Zukunftsperspektive eingestuft, und so richtet sich auch wieder erneute Aufmerksamkeit auf Stellen, wo solches Wasserstoffgas aus dem Boden erbohrt werden könnte, als:

„Natürlicher“ aka „weisser“ aka „goldener“ Wasserstoff

In der derzeit geschlossenen Bulqizë Chrom-Mine in Albanien wurde nun das dort in der Tiefe ausströmende Gas neu vermessen und wurde als zu mehr als 80% Wasserstoffgas analysiert, mit kleinen Anteilen von Methan und Stickstoff. Mit rund 11 Tonnen pro Jahr ist dies der bislang größte Fund von natürlichem Wasserstoffgas weltweit, aber die Industrie hofft, mit gezielter Exploration (in größerer Tiefe) weltweit diese Ausbeute noch stark ausbauen zu können. Es ist hier nicht so, dass der Wasserstoff als Gasblase im Gestein schon lange eingelagert wäre, sondern der sehr flüchtige Wasserstoff entsteht aktuell indem Wasser in der Tiefe auf eisenhaltige Mineralien trifft, die aus diesem Wasser den Sauerstoff entziehen (vulgo „verrosten“) so dass dadurch Wasserstoffgas freigesetzt wird. Man sucht also nach derartigen Mineralien, und könnte dann künstlich Wasser in diese Lagerstätten verpressen ähnlich wie beim „Fracking“ von Erdgas, um dort die Bildung von Wasserstoffgas anzuregen.

Weitere Quellen von natürlichem Wasserstoff aus dem Boden sind bereits gefunden worden in Oman, in Island, in Frankreich (Lothringen, Pyrenäen), in der Schweiz, in Mali, in den USA. Sie wurden halt bislang meist als fehlgeschlagene Exploration eingestuft, weil es für Wasserstoff kaum Abnehmer gab.

Ideale Bevölkerungszahlen

In einer kürzlichen Diskussion wurde mir bewusst, dass ich viel zu wenig zu den Bevölkerungszahlen in Deutschland weiss und will dem nun hier kurz abhelfen.

Bevölkerungsdichte

Die meisten unsere Nachbarländer sind deutlich weniger dicht besiedelt: in Frankreich leben (2022) 107 Einwohner pro km², in Polen sind es 123, in Tschechien und Dänemark 136. Die Dichte in Deutschland ist deutlich höher und mit etwa 235 fast doppelt so hoch wie bei unseren Nachbarn, nur die 3 Benelux-Länder sind noch erheblich dichter besiedelt, sowie UK. Italien liegt bei ca. 200, das deutsche Bundesland Bayern für sich betrachtet bei 190, und der EU-weite Durchschnitt ist 109. Damit ist es offensichtlich, dass Deutschland heute zu dicht besiedelt ist und die Bevölkerung langfristig moderat zurückgehen sollte, auf eine wünschenswerte Dichte zwischen 200 und 150 Einwohner pro km².

Dies entspräche dann eine langfristig stabilen idealen Bevölkerungszahl von etwa 70 – 50 Mio. Einwohner. Erst bei unter 40 Mio. lägen wir dann gleichauf mit Frankreich und dem EU-Durchschnitt.

Lebenserwartung

Die Lebenserwartung von in Deutschland geborenen Babies hat sich in den letzten 150 Jahren fast verdoppelt und liegt nun bei 80,75 Jahren, wobei unklar bleibt ob die Abflachung der Kurve im letzten Jehrzehnt nur auf die Grippe- und Corona-Wellen zurückgeht oder eine längerfristige Trendwende repräsentiert – für den so niedrigen Verlauf am Anfang der Kurve waren sicher die Kriege und Epidemien wie etwa Typhus, Cholera und diverse „Grippen“ die Hauptursache, die Kurve startet hier mit einer historisch besonders schlechten Phase. Unter allen G7 Staaten bieten nur die USA eine noch niedrigere Lebenserwartung als Deutschland derzeit, d.h. wir können hier aufschliessen und für die absehbare Zukunft kann man m.E. derzeit gut mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 80 bis 82 Jahren planen.

Geburtenrate

Wenn neugeborenen Kinder nun im Durchschnitt mit 80 Jahren sterben (im Schnitt, rein theoretisch), dann erfordert es 875’000 Geburten pro Jahrgang um eine Gesamtbevölkerung von 70 Millionen zu produzieren, oder 625’000 für 50 Millionen. Im Jahr 2022 kamen in Deutschland 738 819 Kinder zur Welt, die Zahl der Geburten liegt also heute durchaus im gewünschten Bereich um eine Bevölkerung von rund 60 Mio. Einwohnern zu reproduzieren.

Ich weiss, dass diese Zahlen alle nur „über den Daumen“ grob überschlagen sind, und man müsste – wie die Profis – hier die Unfälle und Krankheiten, Zu- und Abwanderungen differenziert berücksichtigen, aber es beruhigt mich doch zu sehen, dass Deutschland bzgl. Kinderkriegen auf dem richtigen Pfad ist.

Octavian

Schon mit 17 Jahren wurde der junge Octavian von Spoleto auf Betreiben seines Vaters Alberich sofort nach dessen Tod zum neuen Fürsten der Stadt Rom – „princeps ac senator omnium Romanorum“ – erhoben. Diese weltliche Herrschaft übte er die nächsten 10 Jahre aus bis zu seinem eigenen viel zu frühen Tod mit nur circa 27 Jahren.

Allerdings wurde Octavian ebenfalls schon als Jugendlicher auf Wunsch seines Vaters und seiner Grossmutter, der ebenfalls schon verstorbenen Senatorin – „senatrix et patricia Romanorum“ – Marozia, kurz danach auch zum Papst geweiht und erscheint darum in der Geschichtsschreibung heute meist unter seinem Papstnamen Johannes XII. Octavian war erst der zweite Papst, der einen neuen Namen für sich auswählte anlässlich seiner Ernennung: vorher hatte nur ein Papst namens Mercurius dies auch getan.

Octavians religiösen Aktivitäten fokussierten sich auf die grade beginnende Reform des Ordenswesens, wo Klöster als Teil der cluniazensischen Reformen nun unabhängig von weltlichen Herrschern und lokalen Bischöfen werden – genannt Exemtion und Libertas Romana – und statt dessen direkt unmittelbar dem Papst – also nun Octavian – unterstellt sein wollten.

Der junge Octavian aus der Adelsfamilie der Tuskulaner – der späteren Colonna – war somit in Personalunion zugleich Princeps und Pontifex Maximus, also weltliches und religiöses Oberhaupt von Rom – damals mit nur ca. 20’000 Einwohnern – und seinem Umland, sowie zusätzlich von vielen Klöstern.

Offiziell sind keine Münzen von Octavian bekannt. Diese dem antiken Kaiser Augustus zugeschriebene Münze zeigt allerdings einen auffällig jugendlichen Kopf, und unter den liturgischen Instrumenten – Schöpfkelle, Wedel, Kanne und Krummstab – einen exzessiv, nämlich 3-fach gewundenen Lituus, abweichend von anderen antiken Lituus-Abbildungen.
In Rom war der Lituus ursprünglich Amtsinsigne der Könige und später des Princeps, entwickelte sich dann weiter zum Krummstab der christlichen Bischöfe und Äbte.

Octavians bedeutendste politische Handlung war es, dass er in dem vom Stief-Grossvater König Hugo ererbten Kampf gegen Berengar II. von Ivrea schliesslich den König der Sachsen, Ostfranken und Lombarden Otto zu seiner militärischen Unterstützung holte, als ein Angriff Berengars auf Rom drohte, und Otto dann nach dessen Erfolg über Berengar prompt zum neuen Kaiser – „Romanorum imperator“ – krönte, wodurch die Tradition des römisch-deutschen Kaisertums und damit das Heilige Römische Reich begründet wurde. Der Titel „Imperator“ benennte Otto hier klar als den Inhaber der obersten Militärgewalt, wogegen Octavians eigener Titel „Princeps“ den politischen Anführer und Inhaber der höchsten Zivilgewalt auszeichnete. Hiermit endete auch die Periode eines separaten Königtums in Italien, nachdem Otto diese Krone bereits kurz vorher durch seine Heirat mit der jung-verwitweten lombardischen Königin erworben hatte.

Übersichtskartenausschnitt mit den beteiligten Orten

Davor war der Grossvater von Berengar II. zuletzt römischer Kaiser gewesen, war allerdings schon 38 Jahre vorher ermordet worden, ohne dass es danach einen neuen Kaiser gegeben hätte. Otto wurde mit 50 gekrönt, kannte also das Kaisertum noch aus seiner eigenen Kindheit, Octavian dagegen kannte es nicht mehr persönlich.

Der Kaiserkrönung folgte nun eine Synode, in der eine Evangelisierung der slawischen Völker geplant wurde, und als Zentrum dieser Mission und neues Erzbistum wurde dafür Ottos Frontstadt Magdeburg vereinbart. Auch bestätigte der neue Kaiser dem Papst nun die wohl erfälschten Pippinschen und Konstantinischen Schenkungen, im wesentlichen also seine weltliche Herrschaft über das Gebiet des Kirchenstaats. Im Gegenzug erhielt Otto einige bedeutende Reliquien von lokalen Märtyrerheiligen der Stadt Rom, darunter den Arm der hl. Felicitas und die Schädeldecke des hl. Sebastian:

Armreliquie der hl. Felicitas, heute im Domschatz von Münster
Schädel-Reliquiar des hl. Sebastian, heute in Ebersberg (in beiden Fällen stammen die Behälter aus späterer Zeit)

Neuzeitliche Historiker bezeichnen den Zeitraum, in dem Octavian lebte und wirkte, polemisierend als Pornokratie wegen der Teilhabe von Frauen an der Macht in Rom in dieser Zeit (von gr. „porne“ = Hure), und als Teil des sogenannten Saeculum obscurum, welches sogar 164 Jahre andauerte und den allerersten Wiederaufbau umfasst, der unmittelbar nach dem katastrophischen Untergang der Antike folgte.

Der antike Kaiser Augustus verwendete übrigens den Namen Octavian nie selbst, vielmehr hiess er ursprünglich „Gaius Octavius“ und erst dritte Personen haben dann begonnen ihn als den „Octavianus“ zu bezeichnen, im Sinne von „aus dem Geschlecht der Octavier herstammend“, nachdem er von Julius Caesar testamentarisch ins Geschlecht der Julier adoptiert worden war und nun offiziell dessen Namen „Gaius Iulius Caesar“ identisch trug.

Die Familie der Tuskulaner brachte später noch weitere Träger des Namens Octavian hervor, etwa seinen Großneffen, einen Bruder des Papstes Benedikt IX. Papst Benedikt IX war noch jünger – mit etwa 14 Jahren – als unser Octavian erstmals zum Papst ernannt worden, trat zweimal zurück und wurde zweimal später erneut zum Papst ernannt, zählt daher heute als 145., 147. und 150. Papst. Auch der spätere Papst Viktor IV. hatte ursprünglich den Namen Octavian getragen.

Neues aus der Altsteinzeit

Naja, jedenfalls mir waren einige dieser Forschungsergebnisse neu:

Seile und damit Segelboote

Eine neue experimentelle Analyse von paläolithischen Steinwerkzeugen aus den Tabon-Höhlen auf der phillipinischen Insel Palawan hat belegt, dass diese Steine zur Faser-Gewinnung aus Bambus und anderen Pflanzen verwendet worden sind. Dies impliziert die Verfügbarkeit von Seilen, und damit dann wahrscheinlich auch Segelbooten, und wird datiert auf vor 40’000 Jahren. Hierbei kann nicht als gegeben angenommen werden, dass diese Seilmacher „homo sapiens“ angehörten – Denisova-Menschen wären hier eine plausible Möglichkeit. Der bislang älteste Fund eines prähistorischen Seiles ist von sogar vor 50’000 Jahren und wird Neandertalern zugeschrieben.

Hütten ?

An den Kalambo Fällen in Sambia wurden im Kies des Flusses Reste von zwei Stämmen gefunden, die eine grob rechtwinklige Verbindung aufweisen und die zu diesem Zweck mit Steinäxten eingekerbt worden sind. Diese sehr frühe Zimmermannsarbeit wird datiert auf ein Alter von 450’000-500’000 Jahren, also weit älter als die frühesten Homo sapiens Funde.

Waffen aus Holz

Seit 1994 wurden in einem Braunkohletagebau in Niedersachsen nahe bei Schöningen rund 20 Speere und andere zugespitzte Wurfhölzer ausgegraben. Nun wurde eine umfangreiche Auswertung dieser insgesamt 187 in einem eigenen Museum präsentierten Fichten- und Kiefernhölzer veröffentlicht, die eine deutlich umfangreichere und vielfältigere Bearbeitung nachweist als erwartet, denn diese Funde werden 300’000 Jahre alt datiert und deswegen Neandertalern zugeschrieben.

Schuhe ?

In Südafrika wurde nun Fussabdrücke gefunden, die rund 100’000 Jahre alt sein sollen und zeigen, dass hier Schuhe getragen wurden, bzw. Sandalen. Bisher kannte man erst maximal 10’000 Jahre alte Sandalen.

Kleidung

Die Läuse, die im Pelz der Säugetiere leben, haben sich im Fall der Menschen in 2 verschiedene Populationen separiert, die Kopfläuse und die Kleiderläuse, und diese Trennung markiert den Beginn der Nutzung von Kleidung. Diese Studie hat mittels Analyse der genetischen Unterschiede der heutigen Läuse (Pediculus humanus) herausgefunden, dass es die separaten Kleiderläuse mindestens seit 83’000 Jahren gibt, und höchstens seit 170’000.

Schmuck und Kunst

Ebenfalls in Südafrika fand man Belege für das Tragen von dekorativen Muschelschalen als Schmuck vor mehr als 70’000 Jahren.

Als früheste Beispiele für Kunst galten bisher die Wandmalereien in den Höhlen von Lascaux und Chauvet. Mittlerweile gelten die Malereien der El-Castillo-Höhle und der Höhlen im Maros-Pangkep Karst auf Sulawesi als noch etwas älter, nämlich ca. 40’000-45’500 Jahre alt.

Erheblich älter – 70’000-100’000 Jahre – wurden 2002 Ocker-Farben aus der Blombos-Höhle bei Kapstadt datiert, und die Verwendung solcher Ockerfarben wird allgemein in Afrika auf bis zu 500’000 Jahre zurück angesetzt, also deutlich von den ersten Homo Sapiens, so dass man hier an Denisovans oder Homo Erectus denken muss.

Prä-neolithisches Brot

Vor rund 5 Jahren haben Forschende von der Universität Kopenhagen eine 14’400 Jahre alte Feuerstelle in der jordanischen Wüste ausgegraben, und in deren Asche konnten einige Reste von Brot identifiziert werden, das aus Körnern von wilden Varianten von Gerste, Hafer und Einkorn zubereitet war. Dies sind bislang die frühesten Funde von Brot. Es gibt allerdings auch eine noch ziemlich umstrittene These, wonach in Israel am See Genezareth bereits vor 23’000 Jahren wildes Getreide mit Feuerstein-Sicheln geerntet worden ist. Und auch im prä-neolithischen Göbekli Tepe wurden nun Mahlsteine gefunden.

Amerikaner*innen

Eine neuere Analyse hat für menschliche Spuren bei Santa Elina in Brasilien, nahe der Mitte von Südamerika, mit unterschiedlichen Methoden ein Alter von 27’000 Jahren bestätigt. Insbesondere wurden dort Körperteile des dann gegen Ende der Eiszeit ausgestorbenen Riesenfaultiers bearbeitet.

In der Chiquihuite Höhle in den Astillero Bergen in Mexico hat man menschliche Werkzeuge gefunden und auf 31-33’000 Jahre alt datiert. Umstritten ist noch die Deutung eines Fundes von ca. 37’000 Jahre alten Mammutknochen in Mexiko als von Menschen bearbeitet.

Noch wesentlich radikaler und auch strittiger sind die neueren Resultate von der Cerutti Mastodon Fundstelle in Südkalifornien: hier hat man 1992 die Überreste eines Mastodons gefunden zusammen mit Hammersteinen, die zu seiner frischen Zerlegung verwendet wurden. Den Knochen wird nun seit 2017 ein Alter von rund 130’000 Jahren zugemessen, so dass hier eher an amerikanische Neandertaler oder Sasquatch als an Homo sapiens zu denken ist.

In diesem Kontext stolpert man nun aber über das hier bestehende Postulat, wonach die „ersten Amerikaner“ zwingend genetische Vorfahren der heutigen Indianer sein müssen: falls man frühe Menschen in Amerika nachweist, die genetisch nicht Vorläufer der Indianer waren, dann zählen diese nicht als Amerikaner, sondern nur als versprengte paläolithische Europäer etwa aus der Solutréen-Kultur.

Dieses Postulat ist allerdings erst 2015 am anderen Ende erschüttert worden, als Gen-Analysen belegt haben dass Xavante-, Surui- und Karitiana-Stämme im Amazonas-Gebiet mit australischen Aborigines und Inselbewohnern von Neuguinea und den Andamanen verwandt sind, aber eben nicht mit nordamerikanischen Indianern. Damit erscheint nun eine Erstbesiedlung Amerikas durch Überquerung des Südpazifik wahrscheinlich, wohl sehr früh und unabhängig vom Vergletscherungs-Status bei Alaska.

Auf dem Dach der Welt

Bisher hatte man das Tibetische Hochplateau mit rund 4000 m Meereshöhe und dadurch um 40% weniger Sauerstoff in der Luft für einen relativ spät von Menschen erschlossenen Lebensraum gehalten, und bisherige Funde belegten Menschen dort erst seit 5’000-10’000 Jahren. 2019 lieferte aber eine neue Analyse eines älteren Knochenfundes nun ein Alter von mindestens 160’000 Jahren und eine Herkunft von einem Denisova-Menschen. 2021 datierte man dann menschliche Abdrücke dort auf 169’000-226’000 Jahre alt, so dass damit nun das tibetischen Plateau als seit rund 200’000 Jahren besiedelt gilt.

„Mittelerde“

Es zeigt sich, dass die verbreitete Erwartungshaltung falsch war, wonach die Evolution des Menschen wie zielgerichtet zu immer grösseren Gehirnvolumen führen müsse und etwaige Hominiden mit kleinerem Gehirn also sehr alt und ganz am Anfangs dieser Entwicklung einzuordnen seien. Es wurden mittlerweile mehrere Menschenarten gefunden, die trotz eher kleinem (oder auch grösserem) Hirnvolumen gleichzeitig (wenn auch nicht zusammen) mit Homo sapiens lebten, so dass es in der Altsteinzeit nun fast zugeht wie in Tolkiens Mittelerde-Romanwelt, mit Zwergen und Riesen: mit Homo naledi (ca. 610 cm³), Homo floresiensis (ca. 460 cm³) und Homo luzonensis kennen wir nun bereits 3 kleinwüchsige altsteinzeitliche Menschenarten mit Hirnvolumen kleiner als der Hälfte des Homo sapiens (ca. 1400 cm³), und diese beschränken sich nicht auf Afrika, hatten sogar die Wallace-Linie schon überquert. Mit dem Neandertaler und dem Denisova-Menschen kennen wir andererseits auch schon 2 große Arten mit auch grösseren Gehirnen, und auch hier sind weitere DNS-basierte Identifizierungen bald zu erwarten.

Jagende und Sammelnde (aka Wildbeuter)

Es war wohl nur ein chauvinistisches Vorurteil, traditionell zu unterstellen, dass in den steinzeitlichen Jäger und Sammler Gesellschaften die Männer stets Jäger waren und die Frauen stets das Sammeln übernahmen. Ein Team von Forscherinnen hat diesen Mythos nun klar widerlegt: eine Re-Evaluierung von wegen der Beigabe von Jagdwaffen bislang als „männlich“ klassifizierten steinzeitlichen Gräbern ergab, dass in 11 von 27 solchen Gräbern tatsächlich Frauen beigesetzt waren. Dies führt zu der Abschätzung, dass damals zu etwa gleichen Anteilen Männer und Frauen die Jagd betrieben. Dies wird auch bestätigt dadurch, dass in 80% der untersuchten neuzeitlichen Wildbeuter-Gesellschaften auch Frauen jagen, sogar Säuglinge tragende Mütter, und zwar keineswegs nur kleines Wild.

Doch auch die gegenteilige Ansicht wird immer noch propagiert: so gibt dieser Artikel in Spektrum zwar zu, dass leider „sich die Frage, ob auch in der Jüngeren Altsteinzeit die Arbeitsteilung nach Geschlechtern organisiert wurde, archäologisch nur sehr schwer fassen“ lasse, propagiert dann aber explizit „Sammeln liefert den Löwenanteil der täglichen Kalorien – auch in der Nahrungsbeschaffung liegt also eine Quelle weiblicher Macht“ – ganz als ob altsteinzeitliche Männer nicht ebenfalls Nahrung gesammelt hätten.

Sklaverei

Spezialisierte Wildbeuter-Gesellschaften (Complex Hunter-Gatherer, CHG) weisen Merkmale auf, die bislang üblicherweise erst den Viehzüchtern und Ackerbauern des Neolithikums zugeschrieben wurden: man findet schon sesshafte Lebensweise (insbesondere dort wo die „Jagd“ primär aus Fischfang besteht) auch in grösseren Siedlungen mit Vorratshaltung und Großgeräten (Booten, Dörren, Netzen etc. ), und auch vielschichtige hierarchische Sozialstrukturen und insbesondere auch schon Sklaverei. Dies widerspricht der bisherigen Erwartung, dass Sklaverei sich erst aus und nach der Viehzucht und folglich frühestens erst im Neolithikum entwickelt haben könnte.

Ein neues Beispiel dafür ist die befestigte Siedlung Amnya am gleichnamigen sibirischen Fluss, die als nördlichste steinzeitliche Wallanlage Eurasiens gilt. Auch diese 8000 Jahre alt datierte Siedlung widerlegt nach einer neuen Studie diese alte Vorstellung, dass Ackerbau oder Viehzucht eine Voraussetzung für diversifizierte Gesellschaftsstrukturen wäre.

Byzantinische Familienbanden

Byzantinische Geschichte ist ein sehr vernachlässigtes Thema, woraus ich ein Detail hier mal herausgreifen will:

Es handelt vom leider viel zu jung umgekommenen Kaiserenkel Prinz Khalil (auch „Chalil“ oder „Halil“, ca. 1346–1362):

Sein Vater war Orhan, der zweite Bey – später Sultan – des osmanischen Beylik, und sein Großvater war damit Osman, der rum-scheldschukische Emir und Dynastie-Begründer und Schwiegersohn des Scheich Edebalı, des Vorstehers des VefaiyyeOrdens und Nachfolgers des Sufis Baba Elias Khorasani.

Seine Mutter war Theodora, eine Tochter des byzantinischen Hausmeiers und Regenten, nach Bürgerkrieg und Pest dann selbst zum Mitkaiser ernannten Johannes VI. Kantakouzenos und seiner Kaiserin Irene Asanina. Prinzessin Theodora war ein Urenkelin über ihre Mutter und zugleich eine Ururenkelin über ihren Vater von Kaiser Michael VIII. Dukas Komnenos Palaiologos, der 1261 Konstantinopel von den Venezianern zurückerobert und damit die letzte griechische Kaiserdynastie begründet hatte. Theodora war gut 50 Jahre jünger als Sultan Orhan und bei der Geburt von Khalil selbst erst 14 oder 15.

Während der Kindheit von Khalil wütete in ganz Europa der Schwarze Tod, dem ab 1347 auch in Konstantinopel etwa die Hälfte der Einwohner erlagen. Orhans Familie folgte damals – laut Ibn Battūta – immer noch einer nomadische Lebensweise und blieb dank häufiger Ortwechsel von der Pest weitgehend verschont.

Als Junge von etwa 10 Jahren wurde Khalil 1356 oder 1357 in der Nähe des seit 1338 osmanischen Nikomedia an der Marmaraküste durch Piraten entführt und daraus entwickelte sich ein exemplarisches Schlüsselereignis in den osmanisch-byzantinischen Beziehungen:

Piraten pflegten Menschen für Lösegeld oder für den Sklavenmarkt zu fangen. Es ist nicht bekannt, ob sie hier die Identität ihrer Beute im Voraus kannten, aber als sie diese erfuhren, flüchteten sie nach Alt-Phokäa (griechisch Φώκαια, genuesisch Foggia, heute Eski Foça). Phokäa war eine byzantinische Hafenfestung am Eingang zum Golf von Smyrna/Izmir, die eigentlich zusammen mit den dortigen Alaunminen der Republik Genua zum Lehen gegeben war und nun aber seit 1348 vom „PanhypersebastosLeo Kalothetos befehligt wurde, einem alten Freund des 1354 abgedankten Johannes Kantakouzenos, Khalils Großvater, der mittlerweile als Mönch im Kloster lebte.

Wappen der Palaiologoi

Orhan bat nun den aktuellen byzantinischen Kaiser Johannes V. Palaiologos um Hilfe, Prinz Khalil zu befreien. Johannes V. hatte 1347 Helena, die Schwester von Theodora, geheiratet, war also nun Schwager von Orhan und Onkel von Khalil. Andronikos IV. Palaiologos, der Sohn von Johannes den dieser schon als 4-Jährigen zum Mitkaiser ernannt hatte, war also Vetter von Khalil. Orhan bot an, bestehende byzantinische Schulden zu erlassen und Ansprüche der konkurrierenden Kantakouzenos-Dynastie auf den byzantinischen Thron nicht weiter zu unterstützen.

Die Kaiser stimmten zu und versuchten Khalil zu befreien, aber Leo leistete Widerstand und so liess Johannes 1358 Phokäa belagern mit einer kleinen Flotte von nur drei Schiffen, deren Kosten von Orhan bezahlt wurden. Er forderte auch Elias (Fachr ad-Din İlyas), den Bey des benachbarten Beylik Saruchan, in dessen nahegelegenen Häfen eine schlagkräftige Flotte beheimatet war, zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Phokäa auf. Elias spielte aber ein doppeltes Spiel und plante, den Kaiser während einer Jagdgesellschaft zu entführen, doch dieser konnte dem zuvorkommen und Elias festnehmen lassen. Ohne die eingeplante Unterstützung aus Saruchan gab Johannes die Belagerung von Phokäa nun auf. (Manche Berichte schreiben diese Aktionen dem hier erst 10-jährigen Mitkaiser Andronikos zu, was ich aber nicht glauben kann.)

Nach dem Scheitern dieser Operationen 1358 kam Orhan zu Verhandlungen nach Skutari gegenüber Byzanz am Ost-Ufer des Bosporus und stimmte schliesslich zu, 100’000 Hyperpyra (etwa 30’000 venetianische Dukaten bzw. etwas über 100 kg Gold) als Lösegeld an Leo zu zahlen. 1359 wurde Khalil schließlich freigelassen.

Als Teil der Vereinbarung wurde nun der ca. 13 Jahre alte Khalil verlobt mit seiner 10-jährigen Cousine, Irene Palaiologina, Tochter von Kaiser Johannes V. und jüngere Schwester des Mitkaisers Andronikos. Der osmanische Prinz und die byzantinische Prinzessin heirateten dann auch sehr bald und bekamen zwei Söhne, die Prinzen Gündüz (*1361) und Ömer (*1362).

Da der designierte osmanische Thronfolger, Khalils ältester Halb-Bruder Prinz Süleyman in 1357 tödlich verunglückt war, hoffte Kaiser Johannes, nun seinen Neffen und Schwiegersohn Khalil als den nächsten Herrscher des osmanischen Beylik zu sehen, aber zu seiner Bestürzung wurde dann nach Orhans Tod 1362 Khalils etwa 20 Jahre älterer Halb-Bruder Murad als neuer Sultan inthronisiert.

Weil der noch jugendliche Khalil nun versuchte, um den Thron zu kämpfen, wurde er 1362 auf Befehl seines Bruders Murad hingerichtet. Zum weiteren Schicksal von Irene und ihren Söhnen ist uns leider nichts überliefert – es ist anzunehmen, dass sie zu Irenes Vater heimkehrten so, wie das auch in vergleichbaren Fällen geschehen ist.

Maria, eine jüngere Schwester von Irene und Kaiser Andronikos, wurde nun mit Murad I. verlobt, aber starb 1376 noch bevor die Ehe geschlossen werden konnte.

Khalils Mutter Theodora taucht später wieder in Byzanz auf als eine der Geiseln des Andronikos während der Belagerung in der Galata-Festung bis Mai 1381, nachdem Johannes V. mit Murads Hilfe und venetianischer Unterstützung 1379 den Kaiserthron von seinem Sohn Andronikos zurückerkämpft hatte.

Jupiter, Erde und Venus im Takt

Forscher (ja: Frank, André und Tom, also 3 Männer!) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf haben 2019 mit einem numerischen Simulationsmodell gezeigt, dass die kombinierten Gezeitenkräfte, die von den Planeten Jupiter, Erde und Venus auf die Sonne wirken, das Pulsieren des Magnetfelds der Sonne mit einer Periode von 11,07 Jahren synchronisieren können, also dass die Planeten als eine äußere „Uhr“ den entscheidenden Ausschlag für den gleichförmigen Rhythmus der Sonnenaktivität geben. Damit haben diese Planeten wiederum einen starken Einfluss auf das Klima der Erde, was aber halt unter heutigen Astronomen eine ketzerische These ist, denn dann hätten ja die Astrologen in Teilen Recht gehabt.

Die Gezeitenkraft der Planeten ist zu schwach, um relevante Massen auf der Sonne in Bewegung zu versetzen. Was die Forscher hier zeigten ist, dass eine hochgradig instabile Oszillation des ja stark verdrehten magnetischen Feldes eines Sterns durch diese geringe planetare Schwerkraft beeinflussbar ist. Diese magnetohydrodynamische Instabilität wird nach ihrem Entdecker R.J. Tayler auch Tayler-Instabilität genannt.

Harmonia mundi

Wie ergeben sich nun die 11 Jahre – kann man das grob überschlagen ?

Der Planet Venus kehrt auf dieselbe Position relativ zu Sonne und Erde im Mittel nach 1,599 (irdischen) Jahren zurück, dies ist die sogenannte synodische Umlaufzeit der Venus. Hier bei ist vernachlässigt, dass die Bahnen keine Kreise sind, sondern gekippte Ellipsen – wir arbeiten mit einem vereinfachten Modell.

Der Planet Jupiter kehrt auf dieselbe Position relativ zu Sonne und Erde im Mittel nach 1,092 Jahren zurück. Diese synodische Umlaufzeit des Jupiter ist kürzer als die der Venus, da die Erde im Umlauf den langsameren Jupiter schneller „einholt“ als Venus die langsamere Erde.

Die relative Position von Sonne, Erde, Venus und Jupiter wiederholt sich dann, wenn ein Zeitraum vergangen ist, der ein ganzzahliges Vielfaches von 1,599 und auch ein ganzzahliges Vielfaches von 1,092 ist, d.h. der das Verhältnis von 1,092 zu 1,599 als Bruch von ganzen Zahlen darstellt: 1092/1599 ergibt gekürzt – zufällig oder in Folge einer Resonanz – genau 28/41:

28 synodische Venus-Umläufe dauern 44,772 Jahre

41 synodische Jupiter-Umläufe dauern ebenfalls 44,772 Jahre

Nach 44 Jahren und 282 Tagen wiederholt sich also die relative Position von Sonne, Erde, Venus und Jupiter, bei Betrachtung dieser mittleren Umlaufzeiten und ohne Berücksichtigung von Exzentrizität und Neigung der Umlaufbahnen. Symmetrien dieser Planetenpositionen führen dann dazu, dass vier Zyklen der Sonnenaktivität (bzw. 2 sogenannte HaleZyklen) innerhalb dieser Periode von 44,772 Jahren stattfinden, also jeder Zyklus circa 11,193 Jahre beansprucht.

In diesen 44,772 Jahren macht die Venus 72,77 (siderische) Umläufe, die Erde 44,77 Umläufe (Jahre), und Jupiter 3,77 Umläufe. Es ist nicht Zufall, dass hier die Nachkommastellen identisch sind: dies bedeutet dass die Endkonfiguration um 77% eines Umlaufs gegenüber der Ausgangskonfiguration verdreht ist bei Betrachtung relativ zu den Fixsternen.

Sonnen(flecken)zyklen

Die zyklischen Veränderungen der Aktivität der Sonne, auch erkennbar an der Anzahl der Sonnenflecken, wird seit etwa 200 Jahren studiert. Wikipedia berichtet dazu: Der dänische Astronom Christian Horrebow sprach schon 1775 die Vermutung aus, dass Sonnenflecken periodisch auftreten. Die Anerkennung für die Entdeckung der Zyklizität der Sonnenflecken fiel jedoch dem Amateur-Astronomen Samuel Schwabe aus Dessau zu: mit täglichen Beobachtungen 1826–1843 belegte er, dass die Häufigkeit der Sonnenflecken in einer rund 10-jährlichen Tendenz periodisch schwankt. Diese Einsicht bestätigte der Direktor der Sternwarte in Zürich, Rudolf Wolf, der dann die Entwicklung der Sonnenaktivität auf Basis von alten und neuen Aufzeichnungen rekonstruierte, bekannt als Zürcher Zeitreihe. Wolf nummerierte die Sonnenfleckenzyklen und wählte als Startpunkt den 0. Zyklus mit seinem Maximum im Jahr 1749. Vorangegangene Schwabe-Zyklen erhielten negative Zahlen (im Diagramm grau):

Vor kurzem hat nun ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Hans-​Arno Synal and Lukas Wacker von der ETH Zürich aus Beschleuniger-Massenspektrometrie-Messungen von 14C in Baumringen die Sonnenaktivität bis ins Jahr 969 lückenlos und mit zeitlicher Auflösung von nur 1 Jahr vorgestellt und Anfang 2021 publiziert:

Sonnenaktivität über die letzten 1000 Jahre (blau, mit Fehlerbereich in Weiss). Dies ergänzt die weniger als 400 Jahre zurückreichenden Aufzeichnungen von Sonnenflecken (rote Kurve)

Dabei wurden insbesondere auffällig starke Effekte in den Jahren 993, 1052 und 1279 entdeckt – diese könnten eventuell auch extrasolare Ursachen haben, werden aber von diesem Team als SEP-Ereignis (solar energetic particle event) klassifiziert.

Konjunktionen

Eine Springflut passiert, wenn Sonne, Erde und Mond in einer Linie stehen (bzw. genauer in einer Ebene, die orthogonal zur Ekliptik steht), so dass sich die Gezeitenkräfte von Sonne und Mond addieren. Hier gibt es nur die beiden Fälle Vollmond und Neumond, also M-E-S und E-M-S.

Ähnlich addieren sich die Gezeitenwirkung von Venus, Erde und Jupiter auf die Sonne, wenn Jupiter, Erde, Venus und Sonne auf einer Linie stehen, respektive nahe zu einer Linie. Es gibt hierbei vier mögliche Anordnungen: J-E-V-S oder J-E-S-V oder E-V-S-J oder E-S-V-J.

An welchen Tagen konkret stehen die Planeten nun so ? Die einfacheren Fälle sind hier E-V-S-J und E-S-V-J, denn hier stehen von der Erde aus gesehen die beiden Planeten Jupiter und Venus zusammen in derselben Richtung, was Konjunktion genannt wird, und zwar nahe bei der Sonne, also mit kleiner Elongation. Wikipedia bietet eine Liste der gegenseitigen Konjunktionen der Planeten ab 1900 mit Angabe der Elongation, aus der ich diese passende Venus-Jupiter-Konjunktionen nahe der Sonne entnehmen kann:

  • 31.1.1938 0:49:43: Venus 37′ südlich Jupiter mit 1° Elongation von der Sonne

Auf dieser interaktiven Sternenkarte im Web lässt sich bestätigen, dass bei dieser Konjunktion die Venus hinter der Sonne steht, also in sogenannter „oberer Konjunktion„, die Anordnung ist also E-S-V-J. Das hier angegebene Tag-Stunde-Minute-Datum gilt für die exakte Venus-Jupiter-Konjunktion, das genaue Maximum der Gezeitenwirkung auf die Sonne wird davon ein wenig abweichen, es ist aber sicher, dass ein solches Maximum hier auftritt.

Nach 41 synodischen Jupiterumläufen und 28 synodischen Venusumläufen wiederholt sich nach 44,772 Jahren diese Konstellation, und wir finden in der Liste mit 3 Tagen Abweichung hier wieder ein E-S-V-J Gezeitenmaximum:

  • 11.11.1982 8:32:48: Venus 17′ südlich Jupiter mit 1.9° Elongation von der Sonne

Nach grade der halben Zeit, also nach 14 Venus- und 20,5 Jupiter-Umläufen, steht Jupiter in Opposition, und wir haben ein J-E-S-V Gezeitenmaximum. Leider hab ich bislang noch keine passende Liste der Jupiter-Oppositionen gefunden und muss ein einfach gemitteltes Datum verwenden:

  • ca. 20.6.1960: Venus in oberer Konjuktion und Jupiter in Opposition

Es bleiben die Fälle mit Venus in „unterer“ Konjunktion“, und diese treten paarweise im Abstand von 1,6 Jahren auf, symmetrisch um die Mitte der bisherigen Zyklen, also vor und nach 7 resp 21 Venus-Umläufen: nach 7,5 und nach 20,5 Umläufen steht die Venus in unterer Konjunktion und Jupiter nahe einer Konjunktion, also E-V-S-J:

  • 25.1.1950 13:1:42: Venus 7.3° nördlich Jupiter mit 7.2° Elongation
  • 9.11.1970 9:5:5: Venus 5.8° südlich Jupiter mit 0.9° Elongation

nach 6,5 und nach 21,5 Umläufen steht die Venus in unterer Konjunktion und Jupiter nahe einer Opposition, also J-E-V-S:

  • ca. 16.6.1948: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition
    • ca. 16.3.1969: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

So ein Auftreten im Abstand von 1,6 Jahren trifft auch auf die E-S-V-J und J-E-S-V Konfigurationen zu, jeweils ca. 1.6 Jahre vor und nach der J-E-S-V in 1960 tritt eine E-S-V-J Stellung auf:

  • 6.11.1958 15:29:55: Venus 6.5′ südlich Jupiter mit 1.5° Elongation
    • ca. 21.6.1960: Venus in oberer Konjuktion und Jupiter in Opposition
      • 5.2.1962 15:7:16: Venus 39′ südlich Jupiter mit 2.5° Elongation

und auch für die Konjunktion in 1938 gilt, dass jeweils ca. 1.6 Jahre vor und nach der E-S-V-J eine J-E-S-V Stellung auftritt:

  • ca. 11.6.1936: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition
    • 31.1.1938 0:49:43: Venus 37′ südlich Jupiter mit 1° Elongation
      • ca. 21.9.1939: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

Damit sollten nun alle Gezeiten-Maxima der Sonne im Zyklus 1938-1982 erfasst sein, und ich liste sie nun hier auf für diesen, den vorhergehenden und den nachfolgenden 44,772-Jahre Zyklus:

2.9.1896: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

23.4.1893: Venus und Jupiter in Konjunktion

12.12.1894: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

8.9.1903: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

18.4.1905: Venus 8° nördlich Jupiter 11.9° mit 7.3° Elongation

25.1.1914: Venus 33′ südlich Jupiter mit 4° Elongation

13.9.1915: Venus in oberer Konjuktion und Jupiter in Opposition

6.5.1917: Venus 16′ nördlich Jupiter mit 2.6° Elongation

7.6.1924: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

17.2.1926: Venus 9,18° nördlich Jupiter mit 17.9° Elongation ???

11.6.1936: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

31.1.1938: Venus 37′ südlich Jupiter mit 1° Elongation

21.9.1939: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

16.6.1948: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

25.1.1950: Venus 7.3° nördlich Jupiter mit 7.2° Elongation

6.11.1958: Venus 6.5′ südlich Jupiter mit 1.5° Elongation

21.6.1960: Venus in oberer Konjuktion und Jupiter in Opposition

5.2.1962: Venus 39′ südlich Jupiter mit 2.5° Elongation

16.3.1969: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

9.11.1970: Venus 5.8° südlich Jupiter mit 0.9° Elongation

19.3.1981: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

11.11.1982: Venus 17′ südlich Jupiter mit 1.9° Elongation

28.6.1984: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

23.8.1991: Venus 9.6° südlich Jupiter mit 4.1° Elongation

24.3.1993: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

21.8.2003: Venus 34′ nördlich Jupiter mit 1.2° Elongation

29.3.2005: Venus in oberer Konjuktion und Jupiter in Opposition

15.11.2006: Venus 27′ südlich Jupiter mit 4.8° Elongation

22.12.2013: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

31.7.2015: Venus 6.4° südlich Jupiter mit 19.2° Elongation

23.5.2024: Venus 12′ nördlich Jupiter mit 3.3° Elongation

26.12.2025: Venus in unterer Konjuktion und Jupiter in Opposition

Paläo-Daten

Hier einfach ein paar neuere Datenpunkte aus der Paläo-Anthropologie:

Im Tschad gab es 2001 einen Knochenfund, der einem Hominiden namens „Sahelanthropus tchadensis“ zugeschrieben wird. Eine neue Analyse der Oberschenkelknochen untermauert nun, dass dieser schon vor rund 7 Millionen Jahren gewöhnlich aufrecht gegangen ist. 7 Millionen Jahre war die bisherige genetik-basierte Altersschätzung für den letzten gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Schimpansen. Neuere Analysen sehen hier einen komplexen genetische Entwicklungsvorgang, der schon vor 10 Millionen Jahren beginnt, wo aber Kreuzungen noch bis vor 5,4 Millionen Jahren stattfanden. Eine noch neuere Studie dieser Knochen kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Handknochen zeigen, dass er sich 4-beinig im Knöchelgang (knuckle-walking) fortbewegte nach der Art der Gorillas oder Schimpansen, und daher als Affe zu klassifizieren sei.

Die ersten „modernen“ Menschen (Homo Sapiens) in Europa werden nach neuen Funden in der Grotte Mandrin im Rhonetal nun auf vor 56’800 Jahren datiert, dies ist rund 10’000 Jahre früher als bisher angenommen. Insbesondere impliziert dies, dass die Neandertaler nicht direkt nach dem ersten Erscheinen von Homo Sapiens verschwanden, sondern für einen Zeitraum von >10’000 Jahren parallel mit diesen in Europa lebten. Der Fund besteht allerdings nur aus einem einzelnen kleinen Kinderzahn. Neandertaler sind in dieser Grotte schon vor 120’000 Jahren nachweisbar.

Eine neue Analyse eines schon 1887 nahe der Pyrenäen gefundenen 45’000 – 65’000 Jahre alten Unterkiefers, der bislang als Neandertaler-Fossil galt, hat diese Annahme nun widerlegt: es handelt sich entweder um Homo sapiens, oder einen Mischling, oder eine weitere bislang unbekannte Menschenart. Etwa 45’000 Jahre ist ebenfalls das Alter der bislang ältesten Homo sapiens Funde in Europa, die man in der bulgarischen Batscho-Kiro-Höhle gemacht hat.

Noch wesentlich älter wird ein in Griechenland gefundener Schädelteil eines mutmasslichen primitiven Homo Sapiens datiert, nämlich – geschätzt über den Uran-Zerfall im Knochen – auf vor 210’000 Jahren. Dies wäre der älteste Fund eines Homo Sapiens ausserhalb von Afrika, wogegen in Afrika der älteste Homo Sapiens Fund auf vor rund 300’000 Jahren datiert wird.

Im Osten Chinas, in Hualongdong, wurden nun Skelettteile ausgegraben, welche möglicherweise eine weitere bislang unbekannte Menschenart bezeugen: das Alter dieses Fundes wird mit 300’000 Jahren angegeben, und seine Unterkiefer-Merkmale liegen zwischen Homo erectus und modernem Menschen – Denisovan wird explizit ausgeschlossen, und Homo sapiens sollte in dieser Zeit und Region ja ebenfalls nicht auftreten können – die ältesten Funde von Homo sapiens in Südostasien sind nur 68’000-86’000 Jahre alt.

Zu besonderer Vorsicht gemahnt eine neuere Studie, die zeigt dass Fundstellen von Steinwerkzeugen auch auf die Tätigkeit von Affen, im konkreten Fall Kapuzineraffen, zurückgehen können, welche ebenfalls mit Hammer- und Amboss-Steinen Nüsse systematisch zu knacken verstehen.

Südbaiern

Ja, Baiern und nicht Bayern: die heutige Namensform mit „y“ wurde erst von König Ludwig I verordnet, und hier soll es um die Region gehen, die unter seinem Vater und Vorgänger Max Joseph amtlich „Südbaiern“ hieß:

Der Innkreis mit seiner Hauptstadt Innsbruck war von 1808 bis 1814 einer der zuerst 15 und später 9 „Kreise“ des Königreichs Baiern. Er wurde nach der baierischen Annexion Tirols 1806 im Zuge der Verwaltungsreformen des Ministers Freiherr Max Joseph von Montgelas gebildet und umfasste ab 1808 zunächst das Nordtiroler Gebiet und den oberen Vintschgau. Gleichzeitig enstanden weiter südlich Eisackkreis und Etschkreis aus den erst 1803 säkularisierten Fürstbistümern Brixen bzw. Trient. Der Vorarlberger Teil von Tirol wurde dem Illerkreis mit Hauptstadt Kempten angeschlossen und blieb bis 1814 von Tirol getrennt, ebenso das Zillertal und das Brixental, die zum nun österreichischen Salzburg kamen.

Nur 2 Jahren später wurde mit dem Pariser Vertrag von 1810 nach der Schlacht bei Wagram und nach dem Volksaufstand gegen die Wehrpflicht der ganze Etschkreis mit der Hauptstadt Trient und die südlichen Teile des Eisackkreises mit Bozen als neues Dipartimento dell‘Alto Adige an Napoleons Königreich Italien abgetreten, wie auch Toblach, Cortina d’Ampezzo und Buchenstein, die zum Dipartimento della Piave mit Hauptstadt Belluno kamen.

Osttirol mit Sillian, Lienz und dem bislang salzburgischen Matrei wurde dem Département Carinthie (Oberkärnten) der 1809 neugebildeten Illyrischen Provinzen Frankreichs zugeschlagen. Der übrige Eisackkreis mit Meran und seiner bisherigen Hauptstadt Brixen wurde dem Innkreis einverleibt. Im Gegenzug erhielt Baiern nun Regensburg, Bayreuth, Berchtesgaden, Salzburg und das halbe Hausruckviertel bis zum Attersee.

Ausschnitt der Karte des Königreichs Baiern von 1810

Nach Napoleons Niederlage wurde im Pariser Vertrag vom 3. Juni 1814 in Umsetzung der Entscheidungen des Wiener Kongresses vereinbart, zunächst Tirol und Vorarlberg ohne Vils und Weiler – also den Innkreis ohne Garmisch, Mittenwald, Kiefersfelden und den südlichen Teil des Illerkreises mit Reutte – an Österreich zurückzugegeben, und im Gegenzug nun Aschaffenburg und Würzburg an Baiern zu übergeben. Im Vertrag von München vom 14. April mit Wirkung zum 1. Mai 1816 wurde dann auch das Amt Vils, das Herzogtum Salzburg (ohne den Rupertiwinkel links der Salzach), das Hausruck- und das Innviertel wieder an Österreich abgetreten, womit die Episode „Südbaiern“ auch schon wieder endete.

Vorgeschichte
Napoléon

Im Frieden von Pressburg vom 26. Dezember 1805 hatte Österreich die „Gefürstete GrafschaftTirol mit Vorarlberg an das Churfürstentum bzw. ab 1806 Königreich Baiern abtreten müssen. Die südlichen Gebiete Venetien östlich der Etsch mit Verona, Istrien, Dalmatien und Kotor, die erst 1797 beim Frieden von Campo Formio zu Österreich gekommen waren, fielen nun an das neue Königreich Italien. Das vormalige Erzstift Salzburg – 1803 säkularisiert und zu einem weltlichen Kurfürstentum aufgestiegen – und die Fürstpropstei Berchtesgaden gingen zunächst an Österreich. Der unterlegene bisherige Kaiser Franz II. musste Napoléon Bonaparte als neuen römischen Kaiser, die Erhöhung der bisherigen Kurfürsten von Baiern und Württemberg zu Königen und die volle Souveränität dieser neuen Könige und des Kurfürsten von Baden anerkennen.

Nachdem die militärische Besetzung Tirols schon Anfang Dezember 1805 begonnen hatte, nahm Baiern im Januar 1806 offiziell die zugesprochenen Gebiete in Besitz und am 11. Februar 1806 erfolgte in Innsbruck die Übergabe der Zivilverwaltung durch den französischen Kommissar Graf de Villemanzy, nicht etwa durch den vorherigen Landesgouverneur von Tirol, Johann Baptist Graf von Brandis. Das bisherige „Landesgubernium“ amtierte mit dem neuen Nameszusatz „königlich-baierisch“ vorerst weiter. Carl Graf von Arco wurde neuer „Generallandeskommissär“ und um ihn herum wurde ein „Generallandeskommissariat“ aufgebaut, dem die Verwaltung von Südbaiern unterstand. Für Finanzangelegenheiten fungierte dieses Generallandeskommissariat seit 26. Juli 1806 als „Provinz-Etats-Curatel“, eine Vorstufe für die ab 1. Oktober 1808 amtierende „Finanzlandesdirektion des Inn-, Eisack- und Etschkreises“.

Der Etschkreis 1808

Der Etschkreis entstand aus dem ehemaligen reichsunmittelbaren Fürstbistum Trient, das 1803 säkularisiert worden und zunächst an Österreich gefallen war. Er umfasst die Hauptstadt Trient sowie die Gerichtsbezirke Cavalese, Pergine, Civezzano, Levico, Vezzano, Cles, Condino, Male, Mezzolombardo, Roveredo, Stenico, Tione und Riva, und damit das Nordende des Gardasees.

Burg Arco, von Albrecht Dürer 1495

Im Etschkreis lag auch – nördlich von Riva – die Stadt und Burg Arco, der ursprüngliche Stammsitz des Grafengeschlechtes derer von Arco, dessen bairischem Zweig auch der Generallandeskommisär von Südbaiern Carl von Arco (1769–1856) entstammte, dessen Schwester Ernestine von Arco übrigens die Gattin des Ministers Max Joseph von Montgelas geworden war.

Die 1810 erfolgte freundschaftliche Übertragung des Etschkreises und weiterer überwiegend italienischsprachiger Teile Südbaierns an Italien geschah dann innerhalb der königlichen Familie, denn der regierende Vizekönig von Italien war ja der Schwiegersohn des baierischen Königs Max Joseph:

Auguste und Eugène
1806 als Brautpaar

Offiziell war ja Kaiser Napoleon selbst König von Italien, er hatte sich in Mailand am 26. Mai 1805 mit der Eisernen Krone zum König von Italien krönen lassen. Aber die tatsächliche Regentschaft als Vizekönig in Italien übte Napoleons adoptierter Stiefsohn und möglicher Erbe Eugène de Beauharnais aus, der Sohn von Kaiserin Joséphine aus ihrer ersten Ehe. Prinzessin Auguste, die älteste Tochter von König Max Joseph, hatte am 14. Januar 1806 diesen italienischen Thronfolger Eugène geheiratet, und so kann man den Etschkreis etc. als eine Mitgift des Königs von Baiern an seine älteste Tochter als künftige Königin von Italien verstehen.

Nach dem Ende des Königreichs Italien lebten Auguste und Eugène übrigens ab 1814 wieder in München, nun neu versehen mit den Titeln Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt. Ihre gemeinsamen Kinder verheirateten sie später weltweit als Fürstin von Hohenzollern-Hechingen, Gräfin von Württemberg, Königin von Schweden, Kaiserin von Brasilien, Prinzgemahl von Portugal oder als Generaladjutant des Zaren und Ehemann der ältesten Zarentochter. Der für sie neu erbaute Palast am Odeonsplatz gleich gegenüber der Münchner Residenz wurde nach Augustes Tod dann erst die Residenz ihres Neffen Luitpold und beherbergt heute nach Kriegszerstörung und modernem Wiederaufbau 1963-67 das bayrische Finanzministerium.

Der Eisackkreis 1808

Zum vormalige Fürstbistum Brixen hatte der Großteil des Eisacktals, das Pustertal, das Wipptal und das Inntal von Finstermünz bis in die Gegend von Jenbach und die Täler der Dolomitenladiner (Gröden, Gadertal, Enneberg, Fassatal), ab 1778 auch Cortina d’Ampezzo gehört. Nur das Kerngebiet südlich des Brenners wurde nun als Eisackkreis mit Brixen als Hauptstadt konstituiert, zu dem noch die Grafschaften Meran und Bozen sowie das obere Drautal bis Lienz gehörten. Die Gerichtsbezirke des Eisackkreises waren Meran, Bozen, Klausen, Brixen, Brunegg, Silian und Lienz.

Ich fand die Behauptung, dass der an der Nordgrenze des Eisackkreises liegende Großvenediger mit seiner Höhe von 3657 m in diesem Zeitraum die höchste Erhebung Baierns gewesen wäre, dies ist aber klar falsch – zum einen lag der 3798 m hohe Glockner ebenfalls an der Grenze des Eisackkreises, aber die wirklich höchste Erhebung Baierns zwischen 1806 und 1814 war der im Innkreis gelegene Ortler mit seinen 3905 m.

Der Innkreis 1808

Die Gerichtsbezirke des Innkreises ab 1808 waren die Hauptstadt Innsbruck, sowie Schwaz, Rattenberg, Kufstein, Kitzbühel, Telfs, Reute, Landeck und Fürstenburg (bei Mals im oberen Vintschgau). Der größte Teil des Zillertals und das Brixental mit Hopfgarten gehörten zum nun österreichisch gewordenen Land Salzburg, St. Johann und Kitzbühel östlich davon wieder zum bairischen Innkreis.

im Besitz von Baiern-Ingolstadt 1392

Die Gerichte Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel hatten schon lange innerhalb Tirols juristisch eine Sonderrolle gespielt, weil sie zuerst seit 1392 zum Herzogtum Baiern-Ingolstadt gehört hatten, dann ab 1422 zu Baiern-Landshut, dann 1505 vom meist in Innsbruck residierenden Habsburger Kaiser Maximilian I. als Preis für den Schiedsspruch zur Beendigung des Landshuter Erbfolgekrieges zu Tirol geschlagen wurden, dabei aber weithin dem bairischen Landrecht Kaiser Ludwigs des Bayern von 1346 unterstanden.

Der Innkreis ab 1810

Das Landgericht Werdenfels mit Garmisch und Mittenwald wurde 1810 dem Innkreis zugeteilt – es war vorher im Isarkreis gewesen und davor zum Hochstift Freising gehörig, und kehrte dann 1814 zum Isarkreis zurück.

Das Landgericht Zell im Zillerthale kam vom Land Salzburg nun zum Innkreis, dafür wurde die Landgerichte Kitzbühel und St. Johann nun Salzburg bzw. dem neuen bairischen Salzachkreis zugeordnet. Das Landgericht Reutte wurde zum Illerkreis abgegeben.

Vom ehemaligen Eisackkreis südlich des Brenners kamen zum Innkreis die bestehenden Landgerichte MeranKlausen, Brixen und Bruneck, und zusätzlich zu diesen wurden ab 1810 eine ganze Reihe neuer Landgerichte eingerichtet, nördlich des Brenners Hall, Imst, Steinach, Stubai, Ried, Silz und Nauders, südlich des Brenners Sterzing, Sarntal, Passeier, Lana, Schlanders, Glurns (ersetzt Fürstenburg), Taufers, Mühlbach, Welsberg, Enneberg und Kastelruth.

Der 24-jährige Kronprinz Ludwig wurde nach der Heirat mit Therese von Sachsen-Hildburghausen im Oktober 1810 nun zum Generalgouverneur des Inn- und des Salzachkreises mit offiziellem Sitz in Innsbruck ernannt, seine Familie lebte dann aber überwiegend im Salzburger Schloss Mirabell, wo am 1. Juni 1815 sein zweiter Sohn geboren wurde, der spätere König Otto von Griechenland.

Polygonales Mauerwerk

Polygonales Mauerwerk ist ein weiteres Beispiel für einen Begriff, der in der deutschsprachigen Wikipedia sehr zu Unrecht als uninteressant übergangen und nicht differenziert wird vom sogenannten Zyklopenmauerwerk, obwohl schon 1905 der Brite Thomas Ashby, Jr. die Wichtigkeit einer klaren Unterscheidung zwischen polygonalen und zyklopischen Mauern betont hat. Darum will ich hier diesen Unterschied herausarbeiten: als polygonales Mauerwerk sollen nur mörtellose Mauern ohne horizontal durchlaufende Fugen bezeichnet werden, d.h. obwohl Rechtecke und Dreiecke streng genommen im mathematischen Sinn natürlich auch als Polygone gelten, bezeichnen wir hier als „polygonal“ nur geradlinig begrenzt Sichtflächen von Mauersteinen, wenn diese nicht rechteckig sind und sich nicht regelmäßig wiederholen.

Zur Abgrenzung erst mal einige Beispiele für nicht-polygonales Mauerwerk:

Talayot sa Clova des Xot auf Mallorca, Zyklopenmauerwerk, nicht polygonal
„Heidenmauer“ am Odilienberg im Elsass, um 700 n.Chr., Zyklopenmauerwerk mit überwiegend horizontalen und sehr groben Fugen
Gallarus Oratorium, Kerry County, Irland
ausgestopfte Fugen, nicht polygonal
Tiryns, Peloponnes, Griechenland – grob ausgestopfte Fugen, nicht polygonal
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/47/The_Lion_Gate_on_26_March_2019.jpg/640px-The_Lion_Gate_on_26_March_2019.jpg
Mauer am Löwentor in Mykene, auch Zyklopenmauerwerk und nicht polygonal
moderne Hafenmauer, Salisbury Dock, Liverpool – mit großen Steinen, aber KEIN polygonales oder Zyklopenmauerwerk, denn die großen Steine sind mit kleinen Steinen kombiniert und vermörtelt
natürlich polygonale Sandsteinformation in Utah
Burg Osaka, Japan, grobe und ausgestopfte Fugen, m.E. auch eher nicht polygonal
Cerberus-Grab bei Neapel, opus incertum
Stützmauer am Apollotempel in Delphi mit gekrümmten Fugen, daher kein polygonales Mauerwerk im strengsten Sinn – man nennt dieser Sonderform auch „Lesbisches Mauerwerk“ oder Kurvenpolygonalmauerwerk

Hier interessiere ich mich ausschließlich für Mauern aus Steinen, die mit sehr engen Fugen („praktisch fugenfrei“) ohne Mörtel gesetzt sind, falls diese Fugen überwiegend geradlinig verlaufen aber NICHT durchlaufend sind (die Variante, die Guiseppe Lugli 1957 als „Typ III“ klassifizierte):

Die 4 Typen polygonaler Mauern nach G. Luigi (meine Hervorhebung in rot)

Diesem speziellen Typ von Mauern wird wegen dem Fehlen von langen potentiellen Bruchkanten eine besondere Stabilität und insbesondere hohe Beständigkeit gegen Erdbeben zugeschrieben – vielleicht sind derartige systematische Verkeilungen auch einfach technisch erforderlich, damit Natursteine ohne verbindenden Mörtel nicht einfach auseinanderrutschen:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/bc/Zyklopenmauerwerk.jpg/640px-Zyklopenmauerwerk.jpg
typisches polygonales Mauerwerk
auch polygonales Mauerwerk

Besonders bekannt ist das aus riesigen Blöcken gebaute polygonale Mauerwerk aus Südamerika, wo die Inka ihre eigenen Bauten aufgesetzt haben auf ältere Mauern in diesem Stil, welche sie selbst dort bereits vorgefunden hatten.

Erst kürzlich hab ich nun mitbekommen, dass solche polygonalen Mauern – mit etwas kleineren Blöcken – auch in Europa verbreitet sind, besonders in Italien und dort insbesondere in Latium (dort als opus poligonalis oder opus siliceum bezeichnet und in 4 Subtypen differenziert). Man nennt diese Bauart in Europa auch pelasgisch wegen der alten Theorie, dass die von Herodot beschriebenen vor-griechischen Pelasger so gebaut hätten. Ein paar Beispiele hab ich mir gleich mal vor Ort angeschaut:

Rest einer polygonalen Mauer in Palestrina, Latium
Polygonale Mauer in Alba Fucens, Abruzzen

Weitere typische Beispiele gibt es reichlich in Latium und Umgebung:

Brücken-Unterbau bei Ferentino, Latium
Mauerstück in Ferentino, Latium
Mauerreste bei San Felice Circeo, Latium, grenzwertig polygonal
Fundament der Ponte Fabio Massimo in Faicchio, Kampanien
Porta Romana in Saturnia, Toskana
K&K Befestigungsanlagen rund um Verona, 1860
Stadtmauer in Alatri, Latium
polygonale Mauer und Tor von Norba, heute Norma, Latium
Mauer und Tor bei Arpino, Latium
Stützmauer am Kastell von Santa Severa, Latium
Turmfundament in Castellone Formia, Latium
Mura poligonali - Amelia
Stadtmauer von Amelia, Umbrien
Bogen und Mauer in Pietrabbondante, Molise rechte Stützmauer klar polygonal
K&K Befestigungsanlagen rund um Verona, 1860

Aber auch Nachbarländer von Italien liefern Beispiele:

Gitana in Thesprotien, Epirus, Nord-Griechenland
Kastell von Katsingri, auch Μυκηναϊκό τείχος oder Palaiokastro genannt, bei Agios Adrianos, Peloponnes
File:Abae-05.JPG
Abai in der Phokis, Griechenland
Byzantinische Basilika“ in Adada, Pisidien – unterer Teil vielleicht polygonal
File:Butrint - Akropolis Mauer.jpg
Akropolis von Butrint, Epirus, heute Albanien
Stadtmauer von Amantia, Illyrien, heute Albanien
Teil des Mauerrings von Alaca Höyük, Anatolien
Ruine der russischen Festung Bomarsund auf der heute finnischen Ostseeinsel Åland – ab 1830 erbaut, aber vor Fertigstellung während des Krimkriegs 1854 von französischen Truppen wieder gesprengt. Beispiel einer späten klar polygonalen Festungsmauer
K&K Festung Komorn an der Mündung der Waag in die Donau, heute Slowakei – ab 1546 nach Plänen des italienischen Festungsbaumeisters Pietro Ferrabosco
Stützmauer bei Asine (Kastraki), Peloponnes
Stadtmauer von Pandosia, bei Kastri, Epirus
Retaining wall of Pnyx III - Athens
Stützmauer der Pnyx in Athen
Tempel der Nemesis in Rhamnous, Attika – polygonale Mauer im Hintergrund
Mauer in Olympos, Lykien, heue Deliktaş, Türkei
Olèrdola, Katalonien
Festungsmauer von Sveaborg,
Insel vor Helsinki, Finnland
Festungsmauer in Kronstadt auf der Insel Kotlin bei St. Peterburg, Russland

Und dann natürlich die anderen Kontinente:

Calle Inka Roqa in Cuzco, Peru
Sunga Hija Quellfassung, Okinawa
Shurijo Castle Kobikimon Gate | A World Heritage that tells the tales of  the prosperous Ryukyu Kingdom
Kobikimon Tor, Burg Shuri, Okinawa
Erstes Tor. Mausoleum Tama Udun, Okinawa – 15. Jahrhundert
(orinalgetreu modern restauriert)
Burg Nakagusuku, Okinawa – dort wird dieser Mauerstil „Aikata-zumi“ genannt, d.h. „nach dem Muster eines Schildkrötenpanzers“, und gilt dort als letzter und fortschrittlichster Mauerstil

Einige der in diesem Zusammenhang von anderen häufig angeführten Orte zeigen nach meiner Einschätzung zwar zyklopische, aber eben nicht polygonale Mauern: das betrifft Mykene, Tiryns und das Heraion bei Argos auf der Peloponnes, Olevano Romano, Roselle bei Grosseto, die Mura Dionigiane in Adrano und in Syrakus, die Stützmauer in Cefalù und die in Montecassino, das Tempelchen in Santeramo in Apulien, Yanıkhan in Kilikien, die Kreuzfahrerburg Clemoutsi, die Forts Kumbhalgarh und Vellore in Indien, das illyrische Daorson in der Herzegowina, Mangup-Kale auf der Krim und die abkhasische Festung Anacopia, die syrische Kirche in Qalb Loze, die Ponte del Mulino und die auch manchmal hier angeführte Rialtobrücke und Rapa Nui – auch dort baute man mit fein gefugten riesigen Quadern, die aber in klar horizontal getrennten Lagen gestapelt sind:

Vinapu, einzelner Mauerrest auf Rapa Nui (Osterinsel), fein gefugt aber eher nicht polygonal
Warum dieser Mehraufwand ?

Polygonale Mauern zu errichten verursacht klar einen Mehraufwand im Vergleich zu Mauern aus standardisierten quaderförmigen Blöcken, denn diese können weitgehend im Steinbruch fertig behauen werden, wogegen Polygonal-Blöcke an der Baustelle einzeln zugerichtet werden müssen. Infolgedessen müssen hier die Steine „brutto“ transportiert werden, also mit den Anteilen die danach weggeschnitten werden.

Die alte und überholte Benennung der polygonalen Mauern als „pelasgisch“ hat möglicherweise in Europa dazu geführt, sie zu Unrecht als primitiver, uralt und vorrömisch zu betrachten. Die Beispiele aus Okinawa zeigen, dass man diesen Stil auch viel später finden kann, als eine verbesserte Weiterentwicklung der rechteckigen Blöcke. Sie sind als fortschrittliche Technik zu verstehen, um eine besonders stabile Mauer zu errichten falls aus irgendeinem Grund kein Mörtel verwendet werden kann oder soll. Dass die polygonale Technik in der Evolution des Mauerbaus nach den quaderförmigen Blöcken einzuordnen ist, wird auch durch ein Detail belegt: polygonale Mauern können prinzipbedingt keine Ecken haben – Ecken muss man mit Quadern und horizontalen Fugen bauen, sonst drückt es die Ecksteine heraus, und das ist in den obigen Beispielen auch jeweils so ausgeführt. Es ist also damit belegt, dass die Erbauer der polygonalen Mauern auch den Bau mit Quadern beherrschten.

Es scheint mir so weit durchaus als möglich, dass auch die europäischen polygonalen Mauern erst im späten Mittelalter erbaut sein könnten, jedenfalls nach der Römerzeit. Keines der obigen Beispiele schliesst das m.E. aus – es gibt Beispiele von Kirchen, von denen angenommen wird dass sie auf den Resten alter Tempel erbaut sind, welche wiederum über polygonalen Stützmauern stehen: hier ist noch zu klären, wie alt diese Tempel wirklich waren, und ob diese Umfassungsmauern nicht auch nach den Tempeln um diese herum erbaut sein können. Es ist auch bemerkenswert, dass die Römer keine eigene Bezeichung für engfugiges polygonales Mauerwerk kannten, es kann höchstens verallgemeinernd als „opus incertum“ klassifiziert werden.

Keineswegs archaisch, sondern innovativ!

Mit diesen Überlegungen komme ich zu diesem Ergebnis: der Typ von polygonalen Mauern, den wir in Mittel-Italien und am Balkan finden, wurde entwickelt, damit diese Mauern einem Beschuss mit Kanonen standhalten können, und ist dementsprechend ins ausgehende Mittelalter bzw. in die Renaissance zu datieren. Damit sind sie dann zeitgleich mit den ähnlichen Mauern auf Okinawa. Die Mauern in Südamerika und wohl auch die in Anatolien unterscheiden sich im Stil deutlich und sind unabhängig zu datieren.

Risse im Zeitgerüst

Das chronologische Gerüst gibt ein fixes Raster vor, in den alle historischen Ereignisse einsortiert werden. Dass dieses Gerüst grob fehlerhaft sein muss, habe ich erstmals in den 1990er Jahren verstanden, als ich das Buch „Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte.“ von Heribert Illig gelesen hatte, das damals durchaus breit diskutiert wurde. Es war für mich der Einstieg in das Thema der Chronologie-Kritik, welche viel älter und viel vielfältiger und tiefergehend war als ich vorher je geahnt hätte, obwohl ich schon vorher berufsbedingt auch die einschlägigen Beiträge von Newton, Freud und Velikovsky kannte. Ich freue mich, dass mittlerweile immer mehr Details ans Tageslicht kommen, die uns helfen werden, endlich eine realistischere korrigierte Chronologie zu erstellen.

Hier ein solches aktuelles Detail: die Forschungsgruppe für Geoarchäologie an der Uni Mainz publizierte letzte Woche den Forschungsbericht „Der Aquädukt von Konstantinopel: Wie der längste Wasserkanal der Antike gewartet wurde„. Und schon im Abstract lesen wir: „Although historical records testify at least 700 years of aqueduct activity, carbonate deposits in the aqueduct system display less than 27 years of operation.“ Die Forscher deuten dies natürlich als einen Beleg für die überaus gründliche Entkalkungstechnik der Römer – es ist aber genau diese Art von Diskrepanz zwischen Geschichtsschreibung und Sachfunden, die zu erwarten ist als Folge einer fiktiven Verlängerung der geschriebenen Historie.