Die Militär-Heiligen von Magdeburg

Zu den bekannteren Kunstschätzen im Madgeburger Dom gehörten zwei  vermutlich vom selben Holzbildhauer geschnitzte Figuren, die häufig irreführend als „Otto und Editha“ angesprochen werden. Hier das Wikimedia-Bild:

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Die beiden Figuren stellen nicht das Kaiserpaar Editha und Otto I. dar, und auch nicht wie manchmal spekuliert eine allegorische Ecclesia und Christus, sondern die beiden Kirchenpatrone: der Magdeburger Dom ist St. Katharina und St. Mauritius geweiht.

Es handelt sich um 2 nebeneinandergestellte Einzelfiguren – ähnlich aber nicht gleich, insbesondere was Thron und Sockel angeht, und ursprünglich offenbar separat aufgestellt. Vermutlich wurden sie, als der Bildersturm in der Zeit der Reformation die Entfernung aller Heiligenstatuen forderte, zusammengestellt und fortan zu ihrem Schutz fälschlich als weltliches Herrscherpaar ausgegeben.

Die Frauenfigur stellt die heilige Katharina von Alexandria dar. Sie ist durch ihre Attribute Krone und Buch klar identifiziert. Auf Gemälden hält Katharina meist noch eine Schreibfeder oder einen Palmzweig in der Hand, die hier heute leider fehlt.

Die Männerfigur vom gleichen Künstler stellt darum logischerweise den anderen Kirchenpatron dar, den heiligen Mauritius: dieser war laut christlicher Legende der Anführer („dux“) der 22. römischen Legion, die aus dem Umland des oberägyptischen Theben stammte, des heutigen Luxor. Seine Attribute sind Waffen und Rüstung, speziell Schwert, Schild und Lanze oder Fahne. Die Figur hält in der linken Hand das geschnitzte Heft eines Schwertes, dessen aus Metall geschmiedete Klinge leider verloren gegangen ist. In der rechten Hand sehen wir das Legionsabzeichen der thebäischen Legion, deren Anführer Mauritius ja gewesen sein soll.

Diese eigentlich naheliegende Möglichkeit der Identifikation wird wohl deswegen offiziell nicht propagiert, weil es im gleichen Dom noch eine andere berühmtere Steinfigur des Mauritius gibt, wo dieser pechschwarz dargestellt wird, und die Kirche nicht die andauernden Fragen „Warum sieht der da so und dort anders aus ?“ hören will. Aber anderswo wird St. Mauritius meist hellhäutig dargestellt, jeder Künstler machts halt so wie er zu wissen glaubt. Das  lateinische „Mauritius“ war an sich kein Eigenname, sondern eine Herkunftsbezeichung als „Maure“ bzw. „Mohr“, also als Nordafrikaner oder genauer Berber, aber die modernen Taufnamen Maurice und Moritz leiten sich von diesem „Mauritius“ ab.

Wegen des spezifisch militärischen Charakters ihrer Heiligenlegenden sind beide Gestalten als Militär-Heilige bekannt:  bei Mauritius handelt es sich nach der Legende um den „Dux“ einer Legion, was man wörtlich als „Anführer“, mittelalterlich als „Herzog“ oder moderner als „General“ übersetzen kann, Mauritius ist also direkt selbst ein heiliger hochrangiger Soldat. Er war insbesondere offiziell der persönliche Patron von Kaiser Otto I., aber auch Patron der Stadt, des Bistums und des Klosters Magdeburg, und er wurde auch als Träger der heiligen Lanze des Longinus und damit als Garant des militärischen Sieges verehrt.

Bei Katharina von Alexandrien ist die militärische Verbindung, daß nach der Legende ihr Märtyrer-Tod mit einer großen Explosion zusammentraf, durch welche Tausende der Umstehenden („4000 Heiden„) mit ihr zusammen getötet wurden – Katharina ist also gleichsam die heilige  Urgroßmutter aller Sprengstoffgürtel-Terroristen. Sie war Tochter des Königs von Zypern, die bekannteste aller heiligen Jungfrauen, gehörte zu den 14 Nothelfern und als Schlachtenhelferin galt sie als die Patronin der Kreuzritter.

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