Wo liegt Jerusalem ?

Ist das überhaupt eine Frage ? Das kann man doch in Google sehen …

Nein, nicht alles was als historisch sicher geglaubt wird ist ohne Zweifel wirklich so, und auch hier gibt es wohlbegründete Zweifel und es gibt andere Antworten, die man auch kennen sollte und die ich hier mal auflisten will um sie alle zu erinnern. Zweifel begründet beispielsweise die ausdrückliche Beschreibung des gelobten Landes als „Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust.“ im 5. Buch Moses 8:9, denn im heutigen Israel gibt es weder Eisen- noch Kupfererze.

Jerusalem ist Konstantinopel am Bosporus

Der russische Mathematiker und Chronologieforscher Анатолий Тимофеевич Фоменко (Anatoli T. Fomenko) vertritt die These, dass der Schauplatz des christlichen Passionsgeschehens in bzw. bei Konstantinopel am Bosporus zu finden ist.

Gemäß mittelalterlicher Geographie sollte Jerusalem in der Mitte der damals bekannten Welt liegen, genau zwischen Europa und Asien, was mit der Lage von Konstantinopel perfekt übereinstimmt. Mittealterliche Beschreibungen nennen auch bestimmte in der Hagia Sophia ausgestellt Heiligtümer, was deren Identifizierung als Salomons Tempel nahelegt.

Für eine Identifizierung von Jerusalem mit Konstantinopel spricht auch die biblische Erzählung von der Herkunft Abrahams, wonach dieser aus dem chaldäischen Ur stamme, und von dort mit einem Zwischenstop in Harran nach Jerusalem gezogen sei – Harran liegt zwischen Ur und Konstantinopel, aber ganz eindeutig nicht zwischen Ur und der heutigen Hauptstadt Israels.

Erwähnenswert ist hier auch, dass der vierte Zug der Kreuzritter „nach Jerusalem“ in 1204 tatsächlich ja Konstantinopel erobert hat.

Jerusalem ist Al-Šarim in Süd-West-Arabien

Der christliche libanesische Geschichtsprofessor Kamal Suleiman Salibi hat schon 1985 in seinem Buch „Die Bibel kam aus dem Lande Asir“ nahezu alle Ortsnamen der biblischen Erzählung im Südwesten von Arabien lokalisieren können mit sprachlich und geographisch besserer Übereinstimmung als es deren moderne Verortungen im heutigen Israel erlauben. Jerusalem insbesondere konnte er identifizieren als einen Ort namens Al-Šarim etwa 35 km nördlich von Al Nimas in der arabischen Provinz Asir.

Hierbei legt Salibi Wert auf die Beobachtung, dass die Bibel nirgends explizit sagt, dass „Jerusalem“, „Davids-Stadt“ und „Zion“ denselben Ort bezeichnen – es sind seiner These nach 3 unterschiedliche Ortschaften. Und sowohl die küstenbewohnenden Philister als auch die Hebräer siedelten sich dann nach der Zeit des babylonischen Exils in neuen Gebiete an, unter anderem im heutigen Palästina. So wäre dann „Tochter Zions“ der Name einer Neugründung im neuen Land, die an ein ursprüngliches Zion in der alten Heimat erinnern soll.

Jerusalem ist ursprünglich bei Nablus

In seinem BuchThe lost Temple of Israel“ vertritt Zvi Koenigsberg die These, dass nicht der Tempelberg im heutigen Jerusalem der erste Standort des Tabernakels war, sondern die eisenzeitliche Kultstätte am Berg Ebal bei Nablus, dem römischen Flavia Neapolis nahe dem biblischen Sichem. Dabei stützt er sich vor allem auf Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen, die seit 1980 dort stattfanden und an denen er teilnehmen konnte.

Es geht hier um den Ort, der in der Bibel als „die Stätte, die der HERR, dein Gott, erwählen wird, dass sein Name daselbst wohne“ bezeichnet wird und von dem ansonsten allgemein angenommen wird, dass es sich um den Tempelberg Moriah beim heutigen Jerusalem gehandelt habe. Traditionell werden sehr viele biblische Schlüsselereignisse an diesem einen „Hügel Moriah“ verortet, die aber im Bibeltext gar nicht oder ganz unterschiedlich benannt werden und durchaus an unterschiedlichen Orten gesehen werden könnten. Umgekehrt ist auch keineswegs klar, ob der „Berg Ebal“ von Josua 8,30-32 wirklich derjenige bei Nablus ist, der heute nun so genannt wird.

Jerusalem ist Petra in Jordanien

Die Geschichte des Islam berichtet, dass die Gebetsrichtung, die sog. Kibla, in der Frühzeit dieser Religion geändert worden ist – heute beten Muslime in Richtung Mekka, aber ursprünglich hatten die ersten Muslime in Richtung Jerusalem gebetet. Nun kann man diese Gebetsrichtung aber archäologisch bzw. architektonisch an den Überresten der ältesten Moscheen ablesen: und da findet man nun, dass diese ältesten Moscheen nicht nach Mekka weisen, aber eben auch nicht zum Tempelberg – die Kibla-Richtungen der alten Moscheen schneiden sich in Petra im heutigen Jordanien!

Dan Gibson verficht diese These in einem Buch und in mehreren Filmbeiträgen, wobei er sie aber äquivalent anders formuliert, nämlich dass Petra das ursprüngliche Mekka gewesen sei (die Muslime hätten sich also nicht zuerst nach Jerusalem gewendet und später nach Mekka, sondern zuerst nach dem ursprünglichen Mekka, eben Petra, und später nach einem neuen, anderen Mekka). Das macht deswegen offenbar Sinn, weil der Koran Mekka als den Geburtsort des Propheten Mohammed beschreibt mit vielen geographischen Details, die sehr gut auf Petra zutreffen aber gar nicht auf das heutige Mekka. Es ergibt sich hier dann die Folgerung, dass Mohammed in Jerusalem geboren wurde, dem heutigen Petra.

Erwähnenswert ist hier auch, dass die christlichen Kreuzritter weitere Anstrengungen unternahmen, um auch Petra in Besitz nehmen zu können, nachdem sie 1099 bereits das heutige Jerusalem erobert hatten: 1115 errichteten sie die Burg Vaux Moise („Moses-Tal“) ca 3 km nordöstlich von Petra sowie eine weitere Burg auf dem Berg Al-Habis in Petra selbst. Es wäre also plausibel, dass diese Kreuzfahrer damals wußten oder vielleicht erst vor Ort gelernt hatten, dass ihr eigentliches Ziel in Petra lag.

Weiterhin erwähnenswert scheint mir, dass es nördlich von Petra bedeutende Kupfererzvorkommen gibt, und weiter nördlich bei Ajloun auch Eisenerzminen.

Versuch einer Synthese

Das archaische israelitische Königreich von Saul, David, Solomon mit seiner Residenzstadt Jerusalem war ein Nachbarstaat des Königreichs von Saba und lag in der westarabischen Provinz Asir. Es wurde schliesslich von Nebukadnezar unterworfen und ein großer Teil der nichtbäuerlichen Bevölkerung wurde nach Babel verschleppt bzw. abgeworben und entwickelte erst dort über mehrere Generationen ein Selbstverständnis als eine separat jüdische Bevölkerungsgruppe.

Nach der Eroberung Babels durch die Perser gelang es einem Teil dieser Bevölkerungsgruppe unter der Führung der Propheten Nehemia und Ezra, die Erlaubnis zur Errichtung bzw. Inbesitznahme einer eigenen Provinz und Hauptstadt „Jerusalem“ zu erlangen, und zwar in einer Oase an der Kreuzung bedeutender Handelswege, dem heutigen Petra. Der Einzug der Nabatäer in Petra wird laut WP auf „um 550 v. Chr.“ datiert, was mit der Eroberung Babels durch die Perser 539 v. Chr. annähernd zusammenpasst. Die Perser hatten auch das Gebiet um Petra in dieser Zeit erobert. So entstand und blühte dort was wir heute das Reich der Nabatäer und Idumäer nennen. Man sollte hier aber auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es mehr als nur eine solche jüdische Neugründung unter Schirmherrschaft der Perser gegeben haben könnte.

der kleinere jüdische Tempel in Petra, genannt Qasr Bint Firaun

Die Nabatäer werden heute meist als arabische Beduinen klassifiziert, was für eine alteingesessene Urbevölkerung der Region zugetroffen haben mag, aber eben eher nicht für die antike Stadtbevölkerung von Petra. Neuzeitlich war die Region Petra seit 1600 im Besitz eines Beduinenstammes. Nabatäer sollen im Alltag angeblich arabisch gesprochen haben, bei Inschriften und zeremoniellen Anlässen aber immer aramäisch. Die Idumäer wurden als zum Judentum konvertierte Abspaltung der Nabatäer angesehen, es sollen aber auch die Nabatäer – angeblich erst später – jüdisch gewesen sein. Herodes der Große als Sohn eines Idumäers und einer Nabatäerin hat jedenfalls seinen eigenen Stammbaum auf Juden des babylonischen Exils zurückgeführt. Die Nabatäer hatten den Eroberungsversuchen der Seleukiden widerstanden und waren darum später natürliche Verbündete der Hasmonäer, sie unterstützten damit wohl die Selbstbestimmungsansprüche ihrer mehr oder weniger eng religionsverwandten Nachbarn, die innerhalb des Seleukidenreichs lebten.

der größere Tempel in Petra

Aber nach der Eroberung der Levante durch das römische Imperium konnte das nun zunehmend abgelegene und wasserarme Petra die Rolle als jüdische Königsstadt „Jerusalem“ nicht mehr erfüllen und so liess der idumäisch-nabatäische König der Juden Herodes unter anderem einen neuen jüdischen Tempel, ein Theater und ein Amphitheater errichten in der Hauptstadt des ihm von den Römern zusätzlich zugesprochenen und nun frisch in Besitz genommenen Hasmonäer-Reiches, dieser zuvor durch den Makkabäer-Aufstand unabhängig gewordenen Grenzprovinz des ehemaligen Seleukiden-Reiches. Diese neue Hauptstadt nun nennen wir heute Jerusalem.

Hinterlasse einen Kommentar